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Landeshauptstadt Hannover präsentiert Armutsmonitoring

Die Landeshauptstadt Hannover hat das aktuelle Armutsmonitoring präsentiert. Demnach ist trotz des Kriegs- und Krisenjahres 2022 die Armutsquote insgesamt in Hannover weniger stark gestiegen als zunächst angenommen. Überproportional betroffen von Armut sind jedoch nach wie vor Kinder und Jugendliche, Allein- und Getrennterziehende.

Dem Monitoring zufolge lag die Armutsquote Ende 2022 in der Landeshauptstadt Hannover bei 15,2 Prozent. Fast 84.000 Menschen bezogen Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, rund 3.700 mehr als ein Jahr zuvor. Ende 2021 lag die Armutsquote bei 14,8 Prozent.

Kinderarmut 2022 deutlich angestiegen, darunter viele Kinder aus der Ukraine
Mehr als jedes vierte hannoversche Kind unter 18 Jahren lebt laut des Monitorings in einer von Armut bzw. Transferleistungsbezug betroffenen Familie. Die Armutsquote unter Kindern und Jugendlichen lag Ende 2022 bei 26,6 Prozent. Seit 2018 ist die Anzahl der armutsbetroffenen Kinder und Jugendliche um 332 gestiegen (plus 1,5 Prozent). Bis Ende 2019 profitierten die Kinder und Jugendlichen vom konjunkturellen Aufschwung und sinkender Arbeitslosigkeit ihrer Eltern. Unter Corona Bedingungen im Jahr 2020 stieg die Kinderarmut nur leicht.

Die Entwicklungen im Jahr 2022 sind stark geprägt vom Zuzug geflüchteter Familien aus der Ukraine, meist Mütter mit Kindern und Jugendlichen. Der Anstieg zum Vorjahr bei den unter 18-Jährigen beträgt 1.217 (plus 5,6 Prozent). Über 1.900 Kinder und Jugendliche im SGB-II-Leistungsbezug hatten Ende 2022 eine ukrainische Staatsangehörigkeit. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor, Ende 2021, waren es rund 40 Kinder und Jugendliche. Darüber hinaus gibt es laut der städtischen Sozialplanung, die das Monitoring regelmäßig erstellt, zunehmend "statistisch verdeckt arme" Kinder. Denn die Transferleistungsquote berücksichtige nicht die Kinder, die einen "Kinderzuschlag" bekämen.

"Als Kommune arbeiten wir mit aller Kraft daran, Kindern und Familien Teilhabe und Zugänge zu ermöglichen, unabhängig von Geldbeutel, Familiensituation, Bildungshintergrund und vor allem von der Herkunft. Familien brauchen Perspektiven und Teilhabe-Chancen", betonte Sylvia Bruns, Dezernentin für Soziales und Integration der Landeshauptstadt Hannover.

Die Landeshauptstadt Hannover nutzt hierbei eine breite Palette lokaler Handlungsansätze. Diese sind unter anderem skizziert im "Hannoverschen Weg für Perspektiven von Kindern in Armut", oder mit Blick auf die Generation 60 plus im Senior:innenplan.

Mehr Allein- und Getrennterziehende
26,8 Prozent der hannoverschen Familien sind Allein- oder Getrennterziehende. Ihre Anzahl stieg innerhalb des Jahres 2022 um rund 1.400 auf 13.705 an, primär eine Folge der Kriegsflucht von Müttern mit ihren Kindern aus der Ukraine.

Allein- und Getrennterziehende sind rund dreimal häufiger von Armut betroffen (rund 45 Prozent) als Paarhaushalte mit Kind(ern) (rund 14 Prozent). Dies ist keine Folge der Kriegsflucht aus der Ukraine. Denn Alleinerziehende weisen seit Jahrzehnten die mit Abstand höchsten Armutsquoten auf. 2006 lag die hannoversche Quote bei 47,2 Prozent, 2015 erreichte sie 52,3 Prozent – dem bisher traurigsten Rekord in Hannover – Ende 2022 liegt sie bei 45,2 Prozent.

Diese Strukturunterschiede und Entwicklungen – insbesondere bei Kindern und  Alleinerziehenden - sind in allen Städten, Landkreisen und Bundesländern in Deutschland ähnlich, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau. Sie bestehen seit Jahrzehnten und verdeutlichen deren strukturelle Dimension.

Bruns erläutert welche Maßnahmen die Situation nachhaltig verbessern könnten: "Wir brauchen einfachere Zugänge zum Arbeitsmarkt für mehr Bildungsgerechtigkeit und eine Neukonzeption des Generationenvertrags, der Kinder systematisch miteinbezieht, unabhängig von ihrer Herkunft." Dafür brauche es eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Land und Kommunen.

Mehr als 15 000 Senior:innen auf Leistungen angewiesen
Über 15.000 Senior:innen beziehen Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, darunter die allermeisten Leistungen nach dem SGB XII, das heißt Grundsicherung im Alter. Das ist ein Viertel der Gesamtbevölkerung von Hannover (138.149 Menschen sind 60 Jahre und älter). Die Altersarmutsquote insgesamt stieg von 10,4 Prozent Ende 2021 auf 11,0 Prozent Ende 2022 und damit innerhalb eines Jahres um 1.169 Personen (plus 8,3 Prozent). Im Jahr 2022 ist ein kleiner Teil des Anstiegs bei der Altersarmut auch auf 60-Jährige und ältere Geflüchtete aus der Ukraine zurückzuführen. Die Stadt geht in der Generation 60 plus von einer erheblichen Dunkelziffer aus, weil Leistungsberechtigte trotz Rechtsanspruchs Leistungen nicht in Anspruch nehmen, teils aus Scham, Überforderung oder Unwissenheit. "Transparenz über alle Rechtsansprüche zur finanziellen Mindestsicherung sind für ältere Menschen besonders wichtig", so Bruns.

Entwicklungen in 2023
Entlastung durch Wohngeldreform – Einführung Bürgergeld

Die Wohngeldreform, die im Januar 2023 in Kraft trat, führte dazu, dass deutlich mehr Haushalte einen Anspruch auf Wohngeld haben. Die Einkommensgrenze wurde heraufgesetzt und der durchschnittliche Zuschuss für einen in Hannover Wohngeld beziehenden Haushalt hat sich erhöht.  Die dauerhafte Heizkostenkomponente im Wohngeld sorgt dafür, dass steigende Heizkosten abgefedert werden. Im Zeitraum Dezember 2022 bis Oktober 2023 ist die Zahl der Wohngeld beziehenden Haushalte in Hannover stark gestiegen, von 5.600 auf fast rund 10.000 Haushalte im Oktober 2023.

Die Einführung des Bürgergelds zum 1. Januar hatte dagegen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Fallzahlenentwicklung. Denn wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, hat jetzt einen Anspruch auf Bürgergeld. Geändert haben sich die Höhe der Regelbedarfe, die höheren Freibeträge für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Auszubildende sowie der bessere Zugang zu Ausbildungen, Umschulungen oder Weiterbildungen etc.

Hintergrundinformation:
Das Armutsmonitoring der Landeshauptstadt Hannover informiert seit 2019 einmal jährlich über die Anzahl und Struktur der Transferleistungsbeziehenden im Stadtgebiet. Es beleuchtet die Armutsentwicklung in den Stadtteilen der Landeshauptstadt Hannover im Zeitraum 31.Dezember 2018 bis 31.Dezember 2022.

Der zugrunde gelegte Armutsbegriff fußt auf der Anzahl der Menschen, die Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen. Diese umfassen Leistungen nach dem SGB II (seit 2023 Bürgergeld), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Sozialhilfe und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

Der gesamte Bericht mit allen Kennzahlen steht unter www.sozialbericht-hannover.de bereit.