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Modernisierung von Abstammungs- und Kindschaftsrecht

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat zwei Eck­punkte­papiere zur Moder­ni­sierung des Familien­rechts ver­öffent­licht: ein Eck­punkte­papier zur Reform des Kind­schafts­rechts mit Vor­schlä­gen für neue Regeln im Sorge-, Umgangs- und Adoptions­recht sowie ein Eck­punkte­papier zur Reform des Ab­stammungs­rechts. Ins­be­sondere Kinder in Tren­nungs­familien, Patch­work- und Regen­bogen­familien sowie nicht­ehe­lichen Lebens­gemein­schaften sollen von den vor­ge­schla­genen Neu­rege­lungen profi­tieren. Auf Grund­lage der beiden Papiere wird das Bundes­justiz­ministerium (BMJ) Gesetz­ent­würfe für die Reform des Kind­schafts­rechts und die Reform des Ab­stammungs­rechts er­ar­beiten. Die Gesetz­ent­würfe sollen noch im ersten Halb­jahr 2024 vor­gelegt werden. Die Eck­punkte­papiere stehen auf der Website des BMJ als Down­load zur Ver­fügung. Quelle und weitere Informationen: BMJ, 16.01.2024

Umgangsrecht des leiblichen Vaters nach Adoption des Kindes

Dem leiblichen Vater eines Kindes kann auch dann ein Umgangs­recht zu­stehen, wenn das Kind mit seiner Ein­willigung von der ein­getra­genen Lebens­partnerin der Mutter adop­tiert worden ist. Das hat der Bundes­gerichts­hof am 16. Juni 2021 beschlossen (Aktenzeichen XII ZB 58/20). Ein An­spruch gemäß § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB (Umgangs­recht des leib­lichen Vaters) sei grund­sätz­lich möglich. Danach hat der leib­liche Vater, der ernst­haftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindes­wohl dient. Quelle und weitere Infor­ma­tionen: Bundes­gerichts­hof, 19.07.2021

Umgangskontakte nach der Lebenspartnerschaft

Hat eine Lebenspartnerin nach der Trennung ein Umgangs­recht mit den während der Lebens­partner­schaft gebo­renen Kindern auch gegen den Willen der Kindes­mutter, die die ehemalige Lebens­part­nerin ist? Dies hat der 2. Familien­senat des Ober­landes­gerichts Braun­schweig mit Beschluss vom 5. Oktober 2020 (Az. 2 UF 185/19) unter be­stimm­ten Voraus­setzungen bejaht. Die Betei­ligten des familien­recht­lichen Ver­fahrens waren durch eine Lebens­partner­schaft ver­bunden, wobei diese auch von dem Wunsch getragen war, zusam­men Kinder groß­zu­ziehen. Im Wege gemein­sam be­schlos­sener Fremd­inse­mina­tionen gebar die Kindes­mutter zwei Söhne, die nach der Trennung der beiden Lebens­partne­rinnen bei ihr ver­blie­ben. Nachdem zunächst Umgangs­kontakte zwischen den Kindern und der anderen Lebens­part­nerin statt­fanden, kam es zu Kon­flik­ten und zur Ab­lehnung des Umgangs durch die Kindes­mutter. Der 2. Familien­senat des Ober­landes­gerichts Braun­schweig hat ent­schieden, dass die Lebens­part­nerin ein Recht auf regel­mäßigen Umgang mit den Söhnen hat. Der Umgang diene auch dem Kindes­wohl, da er die Bindung zu der Lebens­part­nerin erhalte und den Kindern zudem ermög­liche, im Sinne einer Iden­titäts­findung Klar­heit über ihre Familien­ver­hält­nisse sowie über ihre eigene Her­kunft und Ent­stehung zu erlan­gen. Quelle und weitere Infor­ma­tionen: Oberlandesgericht Braunschweig, 11.11.2020

Wechselmodell kann als Umgangsregelung angeordnet werden

Familiengerichte können das Wechsel­modell als Umgangs­rege­lung für Kinder getrennt lebender Eltern auch gegen den Willen eines Eltern­teils an­ordnen. Das hat der Bundes­gerichts­hof in einem Beschluss vom 1. Februar 2017 ent­schieden. Voraus­setzung für eine solche Ent­scheidung ist, dass ein pari­tä­tisches Wechsel­modell im Ver­gleich mit anderen Betreu­ungs­modellen dem Kindes­wohl im kon­kreten Fall am besten ent­spricht. Die Klärung dieser Frage erfor­dert grund­sätzlich auch die persön­liche Anhörung des betrof­fenen Kindes. Quelle und weitere Infor­ma­tionen: Bundes­gerichts­hof, 27.02.2017

Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters

Das am 13. Juli 2013 in Kraft getretene "Gesetz zur Stär­kung der Rechte des leib­lichen, nicht recht­lichen Vaters" er­leich­tert es leib­lichen Vätern, die ernst­haftes Inte­resse an ihrem Kind haben, Kontakt zu ihrem Kind zu pflegen und Infor­ma­tionen über ihr Kind zu erhalten. Die neue Regelung stellt das Kindes­wohl ganz ein­deutig in den Mittel­punkt. Ent­schei­dend ist nun, ob der leib­liche Vater ein ernst­haftes Inte­resse an seinem Kind gezeigt hat und ob der Umgang mit dem leib­lichen Vater dem Kindes­wohl dient. Neben dem Recht auf Umgang erhalten leib­liche Väter auch das Recht, Auskunft über die per­sön­lichen Ver­hält­nisses des Kindes zu ver­langen, soweit das dem Wohl des Kindes nicht wider­spricht. Dabei gilt: Ein Kind benö­tigt die Sicher­heit und die Stabi­lität seiner so­zia­len Familie und darf hierin nicht un­nötig ver­un­sichert werden.

Das "Gesetz zur Stär­kung der Rechte des leib­lichen, nicht recht­lichen Vaters" ist im Bundes­gesetz­blatt (Bgbl I, 2013, Nr. 36 vom 12.07.2013, S. 2176) veröffentlicht.

Sorgerecht für nicht miteinander verheiratete Eltern

Seit dem 19. Mai 2013 können un­ver­heiratete Väter in einem ver­ein­fachten Ver­fahren das Sorge­recht für ihre Kinder bean­tragen - auch ohne Zu­stim­mung der Mutter. Die Mutter hat mit der Geburt die allei­nige Sorge für das Kind. Doch die neuen Regeln zum Sorge­recht erleich­tern un­ver­heira­teten Vätern den Zugang zum Sorge­recht für ihre Kinder. Im Interes­se des Kindes gibt es ein klares Bekennt­nis zur gemein­samen Sorge auch bei nicht ver­hei­ra­teten Eltern. Nach dem neuen Leit­bild sollen Eltern die Verant­wor­tung für ihr Kind grund­sätz­lich ge­mein­sam aus­üben. Der Vater soll nur dann von der Sorge­ver­ant­wor­tung aus­ge­schlos­sen bleiben, wenn dies zum Wohl des Kindes er­forder­lich ist. Daneben kann ein nicht ver­hei­ra­teter Vater auch bean­tragen, dass ihm die allei­nige Sorge für das ge­mein­same Kind über­tragen werden soll, wenn er dafür Gründe im Kindes­wohl­interes­se vorträgt. Bei der Ent­schei­dung des Familien­gerichts muss dabei das Kindes­wohl im Mittel­punkt stehen.

Das "Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern" ist im Bundes­gesetz­blatt (Bgbl I, 2013, Nr. 18 vom 19.04.2013, S. 795) veröffentlicht.

Verfahren in Familiensachen (FamFG)

Das "Gesetz über das Verfah­ren in Familien­sachen und in den An­gelegen­heiten der frei­willigen Gerichts­barkeit" (FamFG) ist am 1. September 2009 in Kraft getreten. Es berück­sich­tigt in be­son­derem Maße die Belange der Kinder. Sie erhalten einen besseren Schutz und mehr Rechte im Ver­fahren. Außerdem in Kraft getreten sind die Struktur­reform des Ver­sorgungs­ausgleichs sowie die Änderungen des Zu­gewinn­aus­gleichs- und Vormunds­chafts­rechts.

Kernpunkte der Reform: Verfahren in Kind­schafts­sachen müssen vor­rangig und be­schleunigt ver­handelt werden. Das Kind kann von einem Ver­fahrens­beistand unter­stützt werden. Dessen Auf­gabe ist es, im gericht­lichen Ver­fahren die Inte­res­sen des Kindes zu ver­treten und das Kind über den Ablauf des Ver­fahrens und die Mög­lich­keiten der Ein­fluss­nahme zu infor­mieren. Über 14-Jährige können sich zur Durch­setzung eigener Rechte selbst ver­treten. Die Be­tei­ligung von Pflege­personen - etwa Pflege­eltern - am Ver­fahren wird erweitert. Bei Ver­stößen gegen Umgangs­ent­schei­dungen kann das Gericht Ordnungs­mittel verhängen.

Das "Gesetz über das Verfahren in Familien­sachen und in den An­gelegen­heiten der frei­willigen Gerichts­barkeit" (FamFG) steht auf der Website des Bundes­justiz­minis­teriums zur Verfügung: www.gesetze-im-internet.de/famfg

Familienrecht in Deutschland - Eine Bestandsaufnahme

In Deutschland werden jährlich durch­schnitt­lich 148.600 Verfahren zum Umgangs- und Sorgerecht verzeichnet. Dabei sind bis zu 86.000 Kinder in hoch­konflikt­haften Verfahren betroffen. Die Folge können Inobhut­nahmen oder gerichtlich angeordnete Wechsel­modelle sein, die dem Bedürfnis eines Kindes nach Sicherheit und Stabilität enorm wider­sprechen. Die Studie "Familienrecht in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme" von Dr. phil. Wolfgang Hammer zeigt auf, wie schwer­wiegende Ent­schei­dungen im Familien­recht zu Lasten von Kindern gehen können. Der Autor hat über mehrere Jahre die Ent­scheidungs­abläufe und ihre Hinter­gründe in Fami­lien­­gerichten und Jugend­ämtern ausgewertet, die die Trennung – vor allem von allein­erziehenden Müttern – von ihren Kindern zur Folge hatten oder deren Trennung zumindest angestrebt wurde. Der Autor gibt außerdem dezidierte Empfehlungen für ein kind­gerechtes Familien­recht in der 20. Legis­latur­periode: Dafür fasst er im Vorfeld strukturelle Defizite im familien­recht­lichen Bereich zusammen und zeigt, wo Daten­erhebungen und Forschungs­arbeiten nötig sind als Grundlage für die Berück­sichtigung der kindlichen Bedürfnisse.

Download der Studie und einer Kurzfassung auf www.familienrecht-in-deutschland.de