Die Qualitätsentwicklung in Familienzentren stand im Fokus einer Fachtagung des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung e.V. (nifbe) in Hannover. In einem digitalen Grußwort unterstrich Sozialminister Dr. Andreas Philippi die Bedeutung von Familienzentren und wies auf die stark zunehmenden Unterstützungs- und Beratungsbedarfe von Familien hin. Besondere Herausforderungen kämen noch durch die aktuellen Krisen und Kriege hinzu. Die rund 300 Familienzentren in Niedersachsen seien "lebendige Impulsgeber sowie Dreh- und Angelpunkte für Familien" sagte Philippi. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung fördert eine zusätzliche landesweite Koordinationsstelle für Familienzentren.
Im Rahmen der Fachveranstaltung wurde ein vom nifbe und der LVG & AFS Nds. HB e.V. im Rahmen eines von der Auridis-Stiftung geförderten Projektes entwickelter neuer Qualitätsrahmen für die Arbeit in Familienzentren vorgestellt. Moderiert wurde die Fachtagung von Sandra Köper-Jocksch, die in Niedersachsen seit vielen Jahren das Thema Familienzentren begleitet und fördert.
Pina Nell von der Auridis Stiftung betonte das grundsätzliche Ziel, allen Kindern die gleichen Startchancen zu bieten. Familienzentren böten Familien niedrigschwellige Unterstützungsangebote und leisteten einen wichtigen Beitrag zur sozialen Integration und zur Chancengerechtigkeit. Daher fördere die Auridis Stiftung auch aktuell ein Projekt des nifbe zur "Unterstützung, Weiterentwicklung und zum Ausbau von Familienzentren". Als wichtigen Baustein stellte Pina Nell den im Rahmen des Projektes entwickelten Qualitätsrahmen für Familienzentren heraus.
Familienzentren als innovative Antworten auf veränderte Bedarfslagen
Daniela Kobelt Neuhaus, Gründerin des Bundesverbands der Familienzentren, umschrieb Familienzentren als "Orte der Begegnung, Begleitung, Bildung und Beratung von Familien". Sie sind häufig an KiTas angedockt und übernehmen eine Lotsen- und Verbundfunktion. Als Präventionsinstrument seien Familienzentren wichtige Bausteine für die soziale Integration und Inklusion von armutserfahrenen Familien oder solchen mit Migrationshintergrund und wiesen zahlreiche Schnittstellen zu anderen gesellschaftlichen Systemen auf – von der Bildung über Gesundheitsförderung bis zu Freizeit, Sport und Kultur.
Im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung und Wirkungsorientierung sei das Erreichen der Zielgruppe und die Akzeptanz der Angebote der Familienzentrum zentral. Hier sei entscheidende Frage "Womit kann ich dienen?"
Die Referentin betonte auch den "Social Return on Invest": Investionen in die frühe Bildung und Prävention würden sich doppelt und dreifach auszahlen und später zu weniger Transferleistungen führen.
Neuer Qualitätsrahmen für 300 Familienzentren in Niedersachsen
Sandra Köper-Jocksch und Dr. Fiona Martzy vom nifbe stellten die Aktivitäten des Instituts rund um Familienzentren sowie den neu entwickelten Qualitätsrahmen für Familienzentren vor.
Wie Sandra Köper-Jocksch ausführte, haben sich in Niedersachsen ausgehend von einer Keimzelle in Hannover in den vergangenen 20 Jahren immer mehr Familienzentren gegründet und heute seien es rund 300: Knapp drei Viertel seien dabei an KiTas angedockt, 15% seien eigenständige Institutionen und 11% Mehrgenerationenhäuser. Das nifbe habe die Entwicklung der Familienzentren fast von Anfang an eng begleitet und so auch eine landesweite Expert:innenrunde Familienzentren gegründet, die 2015 beispielsweise eine heute noch verwendete Definition von Familienzentren entwickelt habe. Seit 2021 werde das nifbe bei seinen Aktivitäten nun durch die Auridis Stiftung gefördert und ein Meilenstein sei hier die Einrichtung einer landesweiten Koordinationsstelle Familienzentren mit einer Förderung des Sozialministeriums. Mittelfristiges Ziel sei es, ein Landesprogramm zur Förderung von Familienzentren zu erreichen. Dafür ließen sich aus dem neu entwickelte Qualitätsrahmen Familienzentren auch Förderkriterien ableiten.
Partizipativer Entstehungsprozess
Dr. Fiona Martzy führte näher in den Qualitätsrahmen und dessen Entstehungsprozess ein. Auf der Grundlage umfangreicher Literatur-Recherchen sowie der Sichtung von wissenschaftlichen Studien sowie bundesweiten und länderspezifischen Standards sei zunächst eine Diskussionsgrundlage erstellt worden, die dann in einem umfangreichen Beteiligungsverfahren überarbeitet und feingeschliffen wurde. Insgesamt 12 Qualitätsbereiche flossen in den neuen Qualitätsrahmen ein. Zusätzlich sind übergeordnete Gelingensbedingungen wie z.B. eine rechtliche Legitimierung oder Förderung durch das Land beschrieben worden.
Wie Fiona Martzy betonte, sei es nicht das Ziel gewesen Mindeststandards für Familienzentren zu entwickeln, sondern eine Orientierungsgrundlage für eine Bestandsaufnahme und qualitative Weiterentwicklung zu geben. Zielgruppe des Orientierungsrahmens seien sowohl die pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen als auch Fachberater:innen, Prozessbegleiter:innen sowie Träger, Verwaltung und Politik.
Als nächste Schritte in dem von der Auridis Stiftung geförderten Projekt zu Familienzentren stellten die nifbe-Mitarbeiter:innen u.a. die Begleitung von Piloteinrichtungen auf der Grundlage des Qualitätsrahmens sowie die Erarbeitung von Unterstützungstools wie einer Checkliste und die Durchführung einer Elternbefragung vor. Des Weiteren würden regelmäßige Austauschtreffen für Familienzentren angeboten.